
Bremer Scheerkohl – ein fast vergessener Schatz
Familie True sorgt mit viel Leidenschaft für ganz besonderes Gemüse
Wenn Björn True zurzeit morgens über seine Felder geht, blickt er zufrieden auf das satte Grün des Scheerkohls. „Der wächst schneller als Unkraut“, sagt der Gemüsebauer mit einem Augenzwinkern. Gemeinsam mit seinem Vater Horst und seiner Schwester Inga gehört er zu den wenigen in der Region, die den traditionellen Bremer Scheerkohl noch anbauen – eine alte Kulturpflanze, die lange in Vergessenheit geraten war und die im April Hochsaison hat.
Ein Gemüse mit Geschichte
Scheerkohl ist eng mit der Geschichte Bremens verbunden. Tatsächlich wurde das vitaminreiche Frühlingsgemüse einst sogar in der Stadtverfassung erwähnt. Als sich Bremen 1813 nach dem Abzug der Franzosen eine neue Verfassung gab, stand darin, dass Strafgefangene im Frühjahr mit Scheerkohl verköstigt werden sollten. Nach den entbehrungsreichen Jahren des Zweiten Weltkriegs erlebte der Scheerkohl in der Region um Bremen eine Blütezeit. „In den 1950er-Jahren war das ein typisches Arme-Leute-Essen“, sagt Björn True. „Jeder hatte ihn im Garten, weil er pflegeleicht und das erste frische Grün des Jahres war.“ Doch mit der zunehmenden Verfügbarkeit von importiertem Gemüse verlor der Scheerkohl sein Alleinstellungsmerkmal. Plötzlich war das ganze Jahr über frisches Gemüse erhältlich – das hatte Folgen. „Scheerkohl geriet in Vergessenheit“, so True. „Die Leute wollten lieber was Ausgefallenes auf dem Teller.“
Ein vergessener Schatz kehrt zurück
Doch in den vergangenen Jahren erlebt das traditionsreiche Gemüse eine Renaissance. Dank der Bemühungen von Slow Food Bremen und engagierten Erzeugern wie Familie True wird der Scheerkohl wieder mehr geschätzt. „Viele Leute suchen heute nach regionalen, nachhaltigen Produkten – und da kommt unser Scheerkohl ins Spiel“, sagt Björn True. Er ist robust, wächst schnell und kann schon sechs Wochen nach der Aussaat geerntet werden. Wer im Februar sät, hat ab April frisches Gemüse auf dem Teller. Und: Durch seine Frosthärte kann Scheerkohl sogar bis in den Winter hinein geerntet werden.
Vom Arme-Leute-Essen zur Feinkost
Der zarte, leicht nussige Geschmack des Scheerkohls macht ihn in der modernen Küche vielseitig einsetzbar. Früher wurde er ähnlich wie Spinat zubereitet und dann mit Speck und Pinkelwurst serviert. Heute wird er als Füllung für Lasagne verwendet oder zu einem aromatischen Pesto verarbeitet. „Er lässt sich roh wunderbar in Salaten oder Smoothies genießen oder leicht gedünstet mit ein bisschen Knoblauch und Olivenöl als Beilage verwenden“, erklärt Inga True. Besonders junge Blätter haben eine milde Süße, ältere werden durch die enthaltenen Senföle leicht scharf.
Direkt vom Feld auf den Markt
Die Trues verkaufen ihren Scheerkohl auf vier Bremer Wochenmärkten: mittwochs auf dem Benqueplatz, freitags auf dem Markt in der H.-H.-Meier-Allee und Bei den drei Pfählen sowie dienstags, donnerstags und samstags auf dem Bremer Findorffmarkt. Die Nachfrage ist groß. „Die Leute erinnern sich an das Gemüse von früher, oder sie probieren es zum ersten Mal und sind begeistert“, sagt Björn True. Er sieht großes Potenzial für dieses fast vergessene Frühgemüse: „Es wächst schnell, ist gesund und schmeckt fantastisch – was will man mehr?“
Vielleicht steht der Bremer Scheerkohl also kurz davor, endgültig wieder seinen Platz auf den heimischen Tellern zu erobern. Wer ihn probieren möchte, sollte auf den Bremer Märkten Ausschau halten – oder ihn einfach selbst im Garten aussäen. Die Samen gibt es zum Beispiel beim Gartenfachgeschäft Otto G. Balder in Bremen im Gebäude der Baumwollbörse.
Bildmaterial zum Download finden Sie unter folgenden Links:
Bild 1: Scheerkohl © Slow Food Deutschland / Ulrike Westermann
BU: Sie haben noch nie Scheerkohl probiert? Dann nichts wie hin zum Stand von Familie True!
Bild 2: Wochenmarktstand True © M3B GmbH / Oliver Saul
BU: Björn True kann nicht nur Scheerkohl. An seinem Stand auf den Wochenmärkten in Bremen verkauft er auch anderes Obst und Gemüse.
Bild 3: Warenkunde zum Anfassen © M3B GmbH / Franziska Gilli
BU: Auf dem Wochenmarkt werden schon die Kleinsten rundum gut beraten. Inga True vermittelt Warenkunde zum Anfassen – hier am Beispiel von Salat.
Bild 4: Scheerkohl Ernte © Familie True
BU: Scheerkohl wird idealerweise mit einer kleinen, sogenannten „Spinatsense“ geerntet, um die zarten Blätter möglichst wenig zu beschädigen.
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INFOBOX Scheerkohl:
- Traditionelles Gemüse in Bremen und der Region
- Erwähnt in der Bremer Stadtverfassung von 1813
- In aller Munde nach dem Zweiten Weltkrieg, später in Vergessenheit geraten
- Renaissance durch die Slow Food-Bewegung und regionale Bauern
- Schnellwachsend (Ernte nach sechs Wochen)
- Frosthart (Ernte von April bis in den Winter möglich)
- Geschmack: zart, leicht nussig, Senföle in älteren Blättern
- Verwendung: roh in Salaten oder Smoothies, gedünstet, als Pesto oder in Lasagne
- Verkauf: Bremer Wochenmärkte, Samen im Fachhandel erhältlich